Das neue Recht der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht
Zunächst die beiden guten Nachrichten:
Erstens ist die Möglichkeit einer Selbstanzeige nicht vollständig abgeschafft worden. Dies wurde zwar diskutiert, aber ganz offensichtlich nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Das Institut der Selbstanzeige ist für den Staat ausgesprochen lukrativ.
Zweitens hat man keine generelle Verlängerung der Verjährungsfrist für „einfache“ Steuerhinterziehungen gesetzlich umgesetzt. Dies hat eher systematische Gründe, denn vor allem eine unterschiedliche Verjährungsfrist für Betrug und Untreue einerseits und Steuerhinterziehung andererseits macht systematisch wenig Sinn. Die strafrechtliche (5 Jahre) und steuerliche (10 Jahre) Verjährungsfrist bleibt also weiterhin gültig. Für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung betrug auch bisher schon die strafrechtliche Verjährungsfrist ebenfalls 10 Jahre.
Neben einer Vielzahl von kleineren – aber relevanten! – Änderungen, sind die wesentlichen Neuregelungen ab 01.01.2015 Folgende:
- Bisher war es ausreichend, zu allen unverjährten Steuerstraftaten vollständig nachzuerklären. Im Regelfall bedeutete dies also, dass es für die Erlangung der Straffreiheit ausreichte, die strafrechtlich noch nicht verjährten (Verjährungsfrist im Normalfall 5 Jahre ab Datum des Steuerbescheides) Veranlagungszeiträume aufzudecken.
Nach neuem Recht sind nun Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten 10 Kalenderjahre erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Steuerstraftat durchaus auch dann noch nicht verjährt sein kann, wenn die Tathandlung länger als 10 Kalenderjahre zurück liegt.
- Bislang trat die Straffreiheit nach § 371 AO dann nicht ein, wenn die verkürzte Steuer den Betrag von € 50.000,- überstieg. In diesen Fällen wurde gem. § 398a AO von der Verfolgung abgesehen, wenn die hinterzogene Steuer und zusätzlich ein „Strafzuschlag“ von 5 % des Hinterziehungsbetrages an die Staatskasse gezahlt wurde.
Nach der Neuregelung greift der „Strafzuschlag“ schon bei € 25.000,- und beträgt 10 % bei Hinterziehungen bis € 100.000,-, 15 % bei Hinterziehungen von € 100.000,- bis € 1 Mio. und 20 % bei noch höheren Beträgen. Zusätzliche neue Voraussetzung für das Absehen von der Strafverfolgung ist neben der Zahlung von Steuern uns „Strafzuschlag“ auch noch die Zahlung der Hinterziehungszinsen. Diese waren steuerlich zwar auch nach der alten Regelung zu zahlen, allerdings nicht Voraussetzung für die Erlangung der Straffreiheit.
- Unabhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuer wird der „Strafzuschlag“ nach der Neufassung auch dann fällig, wenn ein in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 5 AO genannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. Dies betrifft im Wesentlichen Amtsträger, Mitglieder eine Umsatzsteuerkarussells und Steuerhinterziehungen mittels nachgemachter oder verfälschter Belege.
Insgesamt kann jedenfalls festgehalten werden, dass nach der ersten Verschärfung im Jahre 2011 (u.a. Abschaffung der „Teilselbstanzeige“) die Gesetzesänderung zum 01.01.2015 die Anforderungen an die Wirksamkeit einer Selbstanzeige nicht nur erheblich verschärft, sondern auch wesentlich komplizierter gemacht hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass etwa ein Irrtum des Steuerpflichtigen oder auch des Beraters über die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige dazu führt, dass die abgegebene Selbstanzeige wirkungslos ist, auch nicht mehr nachgeholt werden kann und insofern auch zwangsläufig eine Bestrafung des Steuerpflichtigen erfolgt, die je nach Höhe des Hinterziehungsbetrages durchaus auch in einer zu verbüßenden Haftstrafe bestehen kann.
Kompetente Beratung ist in derartigen Fällen also unverzichtbar.
Andreas Liebers LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Master of Laws (Steuerwissenschaften)
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